19.04.2024

Öffentlicher Nahverkehr: Nicht alle wollen auf die Maske verzichten

Am Dienstag fiel im Land die Tragepflicht im Nahverkehr. Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich. Pfalz und Hessen ziehen am 2. Februar nach.

Von Carsten Blaue

Weinheim/Ludwigshafen. Die 19 Jahre alte Soziologiestudentin sitzt am Dienstagvormittag gegen 11 Uhr in einem Zug der Linie 5 der Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV) zwischen Weinheim und Schriesheim und ist völlig verblüfft: "Echt? Habe ich noch gar nicht mitbekommen." Sie weiß nicht, dass ab dem 31. Januar die Maskenpflicht im Nahverkehr nicht mehr gilt. Zumindest nicht in Baden-Württemberg. Sie ist jedenfalls erleichtert. Andere Fahrgäste behalten den Mund-Nasen-Schutz auf. Maske ja, Maske nein? Das Meinungsbild der Fahrgäste und RNV-Mitarbeiter ist nicht einheitlich. Und dann auch noch das länderübergreifende Wirrwarr: In Rheinland-Pfalz und Hessen ist das Maske-Tragen in Bussen und Bahnen nämlich noch bis Donnerstag Pflicht. Bei der RNV, die auch Linien über den Rhein bedient, nimmt man es gelassen.

"Die Situation ist schon etwas schräg", sagt RNV-Sprecher Moritz Feier. "Aber das hatten wir in der Pandemie ja öfter." Da gab es manchmal sogar schon zwischen den Land- und Stadtkreisen unterschiedliche Masken-Regelungen für den Nahverkehr, abhängig von den Inzidenzen. "Und die zwei Tage bekommen wir jetzt auch noch rum", sagt er. Bei Fahrgästen von Mannheim in Richtung Ludwigshafen werde man linksrheinisch "Augenmaß" walten lassen. Auch auf dem kurzen Stück der Linie 5 durch Viernheim in Hessen.

Feier ringt sich nicht dazu durch, sich froh über das Ende des "Pflichttragens" zu äußern. Doch hört man ihm zu, dann ist zwischen den Zeilen Erleichterung: "Wir haben von Anfang an einen großen Aufwand betrieben, unsere Fahrgäste und unser Personal zu schützen." So seien die Maskenkontrollen auch immer mehr gewesen als eine reine "Pflichtübung". Aber: "In den vergangenen Monaten haben wir da gegen einen Trend angearbeitet." Und der sah so aus, dass im Zuge der allgemeinen Lockerungen auch in Bussen und Bahnen immer öfter die Masken gefallen sind. Oder mit Feiers Worten: "Die Regeltreue hat nachgelassen."

Dazu kam die fehlende Handhabe der RNV-Kontrolleure: "Wir sind da immer an rechtliche Grenzen geraten", so Feier, "denn wir konnten nichts sanktionieren. Wir sind ja keine Polizeibehörde. Das hat schon Kraft gekostet, zumal wenn wir einerseits gehört haben: ,Warum kontrolliert ihr nicht härter?’ und andererseits: ,Muss das sein?’." Diesen Konflikt gebe es jetzt nicht mehr. Doch nicht alle freuen sich über das Ende der Maskenpflicht im ÖPNV. Anika Polak zum Beispiel. Im Auftrag der RNV huscht sie am Schriesheimer Bahnhof durch die wartenden Züge und sammelt Müll ein: "Ich trage immer Maske, und so sollte das in den Bahnen auch bleiben."

Der Fahrer, der seinen Zug der Linie 5 gerade drüben am Gleis in Richtung Heidelberg wendet, sieht es anders: "Bei Großveranstaltungen steht man dicht an dicht ohne Maske, bei uns fährt man mit Maske. Das ist nicht ganz nachvollziehbar." Er als Fahrer könne sowieso nichts machen: "Wenn ein Mütterle bei mir anklopft und sagt, dass da einer ohne Mundschutz sitzt, kann ich nur den Knopf mit der Durchsage drücken. Ich muss mich ja aufs Fahren konzentrieren."

Er sei erst seit April vergangenen Jahres dabei. Schlechte Erfahrungen mit Fahrgästen habe er nicht gemacht. Ganz anders sein Kollege Filiz Nerzat. Er fährt gerade den blauen Bus der Linie 628 des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN) nach Seckenheim: "Wenn ich Fahrgäste ohne Maske angesprochen habe, wurde ich schon angepöbelt und beleidigt. Und ich weiß, dass es anderen genauso ging. Ich wäre froh, wenn es weiterhin die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln gäbe. Es gibt ja nicht nur Corona, sondern auch die ganzen anderen Viren. Wir haben doch alle Kinder und Enkel zu Hause. Ich bin froh, wenn die Fahrgäste weiter Maske tragen."

Einer von ihnen sitzt zuvor mit der 19-Jährigen in "der Fünf". Der 67-Jährige will auf den Schutz nicht verzichten: "Die Maske ist was Gutes. Man ist hier in der Bahn so nah beieinander. Und es ist schon ein blödes Gefühl, wenn man da sitzt und angehustet wird. Gerade in der Winterzeit werde ich sie weiter tragen. Beim Einkaufen aber nicht", so der ehemalige Hausmeister der Ladenburger Martinsschule. Insgesamt lassen sich um diese Zeit zwischen Weinheim und Schriesheim genau 21 Fahrgäste von der Linie 5 befördern, elf von ihnen "ohne".

Einer davon, ein 48 Jahre alter Koch eines Schriesheimer Restaurants, will die Maske ab jetzt weglassen "Weil ich ohne besser atmen kann. Außerdem war ich immer skeptisch, was die nützen soll. Früher ging es doch auch ohne, und da gab es auch schlimme Krankheiten. Aber ich habe eine dabei", betont er mit Stolz, greift in die Jackentasche und zieht eine weiße FFP 2-Maske heraus. Nun müsste er sie eigentlich doch nur noch anlegen. Zum freiwilligen Tragen ab jetzt rät auch die RNV.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung