Die Stadt hat auch abseits des Mathaisemarkts viel Sehenswertes zu bieten.
Von Olivia Kaiser
Schriesheim. Viele Menschen in der Metropolregion kennen Schriesheim vor allem wegen des Mathaisemarkts. Doch das erste Wein- und Frühlingsfest in der Region ist nicht der einzige Grund, warum die Weinstadt an der Bergstraße einen Besuch wert ist. Das offenbart ein Spaziergang durch den historischen Kern mit Stadtführerin Romy Schilling.
Ein idealer Startpunkt ist das schmucke Alte Rathaus mit seinem rotem Fachwerk. Der Bau stammt aus dem Jahr 1684, nachdem der Vorgänger zehn Jahre zuvor von französischen Truppen im Holländischen Krieg zerstört wurde. Romy Schilling verweist auf den Pranger am Eckpfosten: "Der beeindruckt bei meinen Führungen vor allem die Kinder", erzählt sie. Sitz der Verwaltung ist das Alte Rathaus schon lange nicht mehr, heute werden die Räume für Trauungen oder Veranstaltungen genutzt.
Ein Stück dahinter befindet sich ein weiterer prominenter Fachwerkbau: das Widerholt’sche Haus, das im Gegensatz zum Alten Rathaus den Angriff der Franzosen 1674 heil überstanden hat. Benannt ist das Haus nach dem Pfarrer Widerholt, der das Gebäude nach dem Dreißigjährigen Krieg bauen und mit Bibelsprüchen verzieren ließ. "Und zwar nicht nur in deutscher, sondern auch in hebräischer und griechischer Sprache", merkt Schilling an.
Nach einem kurzen Spaziergang durch die Altstadtgassen gelangt man zum "neuen" Rathaus, das den Römerkeller beherbergt. "Bei den Bauarbeiten für die Autobahn stieß man in den 1960er-Jahren auf original erhaltenes Mauerwerk aus der Römerzeit", berichtet die Stadtführerin. Dies habe man dann mit einem Tieflader hergebracht und im Keller des Rathauses verbaut.
Schriesheim sei zwar keine "Römerstadt" wie das benachbarte Ladenburg, das Gebiet sei aber von den Römern landwirtschaftlich genutzt worden, weiß Romy Schilling. "Das belegen die sechs römischen Gutshöfe, die Villae Rusticae." Einer wurde auch beim Bau des Branichtunnels entdeckt.
Hinter dem Rathaus fließt der Kanzelbach. Doch in Schriesheim spaziert man nicht am Bachlauf entlang, sondern direkt über dem Wasser. Möglich macht das der gläserne Kanzelbachsteg, der im Zuge der Altstadtsanierung erbaut wurde. Der Weg über den plätschernden Bach führt nah hinter den Häusern vorbei und bietet einen ungewohnten Blick auf die historischen Häuser. Ein Stück weiter befindet sich die Ölmühle. "Das ist die letzte erhaltene Mühle von ehemals zwölf, die sich im Schriesheimer Tal befanden", erzählt Romy Schilling.
Für Kunstinteressierte bietet sich ein Abstecher ins Museum Théo Kerg an, das vom Schriesheimer Kulturkreis betrieben wird. Das restaurierte Fachwerkhaus beherbergt die Werke des luxemburgischen Künstlers Théo Kerg (1909-1993). Romy Schillings Tipp für Weinliebhaber: ein Besuch bei der Winzergenossenschaft Schriesheim. Dort kann man den ein oder anderen Tropfen aus Schriesheimer Lagen probieren. Interessant ist auch ein Spaziergang entlang des Zwingers, also der Innenseite der Stadtmauer.
Hier beginnt das Mainzerland, im Volkmund "Määnzer Land" genannt. Das Gässchen ist an manchen Stellen so schmal, dass sich gerade mal eine Person durchzwängen kann. Der Name hat übrigens nichts mit der Stadt Mainz zu tun, sondern leitet sich wahrscheinlich vom Begriff "Gemeinschaftsland" ab. Während des Stadtspaziergangs kommt immer wieder die Strahlenburg ins Blickfeld, das Wahrzeichen von Schriesheim. Sie thront oberhalb der Stadt an der Nord-West-Flanke des Ölbergs. Conrad I. von Strahlenberg begann 1235 mit dem Bau seines Stammsitzes.
Allerdings wurde die Burg um 1500 ein Raub der Flammen und nie mehr aufgebaut. Die Strahlenburg ist ebenfalls ein lohnendes Ausflugsziel. Ein markierter Fußweg führt von der Stadt hinauf zur Burgruine, von oben hat man einen schönen Blick über die Rheinebene. Wer dabei ein Gläschen Wein genießen möchte, muss es aber selbst mitbringen. Die Gastronomie der Strahlenburg ist derzeit verwaist.
Info: Interesse an einer Stadtführung? Dann einfach Kontakt mit der Volkshochschule Schriesheim/Wilhelmsfeld aufnehmen, Telefon: 06203/6926-99, E-Mail: info@vhs-schriesheim.de.
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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung