18.04.2024

Stimmung, Stände, Schauer: Schriesheim hat sein Straßenfest wieder

Der Stadtbrunnen ist das eigentliche Zentrum des Straßenfests, im Hintergrund spielt auf der Bühne die Band „Thatway“. Foto: Dorn
Der Stadtbrunnen ist das eigentliche Zentrum des Straßenfests, im Hintergrund spielt auf der Bühne die Band „Thatway“. Foto: Dorn
Foto: Dorn
Foto: Dorn
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Ein absolut friedliches Fest mit gelöster Stimmung, auf dem es alles gibt: Trubel am Stadtbrunnen, aber auch gemütliche Ecken zum Plaudern.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Das muss man den Schriesheimern lassen: Sie können feiern wie kaum ein zweites Völkchen an der Bergstraße. Und das Beste: Sie schaffen das auf ganz unterschiedliche Weise. Wer den Trubel mag, ist beim KSV am Stadtbrunnen richtig. Die Bar brummte – und stand übrigens nicht ganz im Zeichen der "Löwen", der Ringergemeinschaft mit Ladenburg, wie es in der RNZ-Straßenfestbeilage angekündigt war. Dafür sorgte ein unübersehbares KSV-Wappen. Zusammen mit den Handballern war der Stadtbrunnen zwar das eigentliche Epizentrum des Stadtfests, am Sonntag stand Jürgen Gestoehl wie immer am Bratwurst-Grill – und hat die wilde Nacht gut verdaut: "Es war brechend voll, und wir haben gut verkauft."

Die Jugend versorgten derweil die "Raubritter"-Baseballer plus DJ Batuka im Oberen Schulhof, aber es gab auch die gemütlichen Ecken zum Zusammensitzen – wie im Weindorf oder in der Oberstadt. Trotz des nahen Schulhofs meinte Carsten Bormann, dessen Frau Anne Kathrin einen Weinstand aufgebaut hatte: "Es war alles absolut friedlich, gar keine Randale." Für Anne Kathrin Bormann hat es sich "einfach gelohnt, da zu sein". Auch Christian Wolf von der Grünen Liste – die hatte für die Stände in der Oberstadt gesorgt – berichtete von einem "total angenehmen Publikum", hier kamen auch andere politische Gruppierungen gern her: "Es ist einfach toll, dass man bei allen Auseinandersetzungen im Gemeinderat bei einem Fest beieinander sitzen kann."

Auch Bernd Molitor fand das hier "ein extrem gemütliches Plätzchen". Und vor allem war die Nacht lauschig: Die 50 Decken, die man schon mal bereitgelegt hatte, wurden nicht gebraucht. Apropos Oberstadt: Einige Lücken könnten nächstes Jahr geschlossen werden. So kündigte Steffi Dreher, die drei Jahre lang die "oBARstadt 8" betrieben hat, an: "Nächstes Jahr sind wir wieder dabei." Und damit könnte es auch für den Jazz wieder besser aussehen als dieses Jahr.

Bürgermeister Christoph Oeldorf hatte den Samstagabend gegen 23 Uhr im Weindorf mit "vielen guten Gesprächen" beendet und bilanzierte tags drauf: "Trotz des regnerischen Beginns war die Stimmung sehr gut. Vor allem aber blieb es friedlich: Es gab keine Zwischenfälle, auch das Rote Kreuz hat von nichts berichtet." Insofern war er "rundum zufrieden":"Ein Straßenfest, wie man es sich nur wünschen kann."

Kurzes Bangen nach dem Samstagmorgen-Regenguss

Es war nicht Christoph Oeldorfs erstes Straßenfest, aber sein erstes als Bürgermeister. Und in dieser Funktion ist er kein Freund vieler Worte, auch nicht bei der Eröffnung am Samstag um 11 Uhr am Stadtbrunnen. Zumal ihm, den Organisatoren und Gästen am Morgen gewaltig der Schreck in die Glieder gefahren war: Es regnete nicht, es schüttete ab halb neun geradezu – der lang ersehnte Regen war da, wenn auch zur Unzeit. Dem Schriesheimer Urgestein Rudi Kling fiel als Musiker ein alter Schlager ein, als er es sich gerade auf der Bank am Alten Rathaus mit einem Regenschirm halbwegs gemütlich gemacht hatte: "Am Tag als der Regen kam".

Tatsächlich aber ließ der Regen bald nach, um die Mittagszeit schien wieder die Sonne. Insofern stimmte es schon, was Verkehrsvereinsvorsitzender Joachim Müller gesagt hatte: "Eigentlich war geplant, dass um 11 Uhr der Regen aufhört. Aber wir Schriesheimer werden trotz des Regens feiern." Und er zitierte Alt-Bürgermeister Peter Riehl: "Wenn die Schriesheimer arbeiten, arbeiten sie. Und wenn sie feiern, feiern sie." Das sollten sie dann auch – siehe Artikel oben – tun. Da "Schriesheim nicht vom Bürgermeister regiert wird, sondern eine Monarchie ist" (Oeldorf), waren auch gleich die Weinhoheiten am Zug, und Weinkönigin Ann-Kathrin Haas hätte das Straßenfest fast um einen weiteren Tag verlängert: "Ich wünsche Ihnen nach der zweijährigen Zwangspause vier, nein drei schöne Tage." Und sie gab fürs Feiern schon einmal die Richtung vor: "Bist Du beim Weine, dann bleib dabei. Denn die Frau schimpft nachts um zwei genauso wie um drei."

Zwar hatte Oeldorf bei der Eröffnung gesagt, die Verwaltung sei "aus der Übung gekommen, ein Straßenfest zu veranstalten", schließlich sei das "ein anspruchsvolles Fest", doch davon war nichts zu spüren, zumal, so sagte Ordnungsamtsleiterin Julia Geiss am Nachmittag, "der Regen dem Fest keinen Abbruch getan" habe: "Ich bin bis jetzt zufrieden: Die Bürger genießen das Fest, und im Grunde ist das das perfekte Wetter fürs Straßenfest: nicht zu heiß und nicht zu kalt".

Davon konnten sich auch neben den beiden Landtagsabgeordneten Fadime Tuncer (Grüne) und Sebastian Cuny (SPD) und Alt-Bürgermeister Hansjörg Höfer auch Gäste von auswärts überzeugen: Aus Hirschberg war Bürgermeisterstellvertreter Karlheinz Treiber gekommen und aus Heddesheim Bürgermeister Achim Weitz. Der kennt das Straßenfest als Ex-Ordnungsamtsleiter dienstlich, jetzt kennt er es auch endlich mal privat.

Gute Stimmung, aber weniger Stände

So lange war es trocken, und just zum Straßenfest kam dann der Regen. Auf dem Flohmarkt, der in diesem Jahr schon zum 40. Mal stattfand, standen trotz allem etliche Stände. Viele hatten vorgesorgt und sich Pavillons oder Sonnenschirme, die kurzerhand zu Regenschirmen wurden, mitgebracht oder ihre Waren mit Folien abgedeckt.

Die 420 Plätze für den Verkauf in der Kirch-, Friedrichs-, Bahnhof- und Heidelberger Straße sowie der Entengasse waren in den beiden Wochen vor dem Straßenfest vom Verkehrsverein, der den Trödel organisiert, vergeben worden. Nicht alle Plätze waren reserviert, wie der Vorsitzende des Verkehrsvereins, Joachim Müller, berichtete. Durch den Regen zu Beginn des Trödels war sicherlich auch bei vielen die Lust verflogen und man blieb spontan zu Hause. Nicht so bei Kai Schöffer und Marius Ritter, die es sich in Regenjacken unter einem Schirm mit einem Weizenbier bequem gemacht hatten: "Wir haben auch überlegt, nicht zu kommen, wären aber sowieso aufs Straßenfest gegangen und haben es dann doch gemacht." Wer beharrlich war und den morgendlichen Regen überstanden hatte, wurde ab Mittag mit Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen belohnt.

Einer von denen, die sich nicht verdrießen ließen, war Cornelius Mund mit seinem Stand in der Kirchstraße: "Ich bin zwischendurch heimgefahren und habe mir was Trockenes zum Anziehen geholt." Seitdem stand er wieder parat. So viele Stände wie vor der Pandemie seien es durch den Regen zwar nicht, trotzdem sei die Stimmung gut, sagte Mund. Den mit Abstand größten Stand hatte wie immer die evangelische Kirchengemeinde, dessen Einnahmen an soziale Projekte in Südamerika gehen. In der argentinischen Stadt San Salvador de Jujuy wird an eine Kita für bedürftige Familien und ein Kinderheim gespendet. In La Paz (Bolivien) wird das Projekt von Anouschka Putschky, der Tochter des ehemaligen Schriesheimer Pfarrers Wolfgang Putschky, unterstützt. Putschky kümmert sich dort um Inhaftierte und Leute, die auf der Straße leben. Petra Lux, die den Flohmarkt mitorganisiert hatte, zog ein eher positives Fazit: "Es war durch das Wetter zwar gut, aber nicht sehr gut."

Auch am Sonntag durften die Standbetreiber ihre Tische noch einmal aufbauen. Das war zwar schon vorher so geplant, sei aber für viele, die durch den Regen Einbußen hatten, besonders angenehm gewesen, wie Müller meint. (max)

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung