04.05.2024

Stadt und Region nahmen Abschied von Peter Riehl

Der Sarg Peter Riehls war von der Schriesheimer Fahne bedeckt; um ihn herum gruppierten sich während der Trauerfeier die Fahnenträger der Vereine. Foto: Dorn
Der Sarg Peter Riehls war von der Schriesheimer Fahne bedeckt; um ihn herum gruppierten sich während der Trauerfeier die Fahnenträger der Vereine. Foto: Dorn

"Er hat Schriesheim wie kein Zweiter geprägt": Rund 600 Gäste bei der vom Rathaus perfekt organisierten Trauerfeier.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Es war so, wie es sich Peter Riehl gewünscht hatte: Die Trauerfeier am Samstag in der evangelischen Stadtkirche sollte "ned so lang" werden, wie Pfarrer Kieren Jäschke den Alt-Bürgermeister und Ehrenbürger zitierte, "und ned so viele Grußworte": "Denkt an unsere Schriesheimer!" Daher sprachen auch nur er und Bürgermeister Christoph Oeldorf – und setzten dabei unterschiedliche Akzente. Wobei es laut Jäschke "eine schwere Aufgabe für Bürgermeister Oeldorf" sei, "den Verstorbenen angemessen zu würdigen".

Oeldorf war es ein Anliegen, "den Dank für alle zum Ausdruck zu bringen", er spreche für "so viele Institutionen und Vereine", denen sich Riehl verbunden fühlte. Und er stellte die Person Riehls heraus, der "Schriesheimer mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand" war. Beruflich und privat war er "kein Mann halber Sachen", er heiratete vor über 55 Jahren seine Evelyn, engagierte sich als Sänger ("er zeigte früh, welche Bedeutung Vereine für ihn hatten") und machte seine Ausbildung auf dem Heddesheimer Rathaus, bis er 1973 in seiner Heimatstadt erstmals zum Bürgermeister gewählt wurde; er sollte mit 32 Jahren im Amt ihr dienstältester werden.

Fast unmöglich, alle Leistungen Riehls von 1974 bis 2006 zu würdigen, daher "nur Schlaglichter": die Integration der gerade frisch eingemeindeten Ortsteile Altenbach und Ursenbach, die er "mit Bravour gemeistert" hat, die Partnerschaft mit Uzès, wo er auch privat Urlaub machte, die Bereicherung des kulturellen Lebens mit dem Kerg-Museum, der Musik- und der Volkshochschule und natürlich den Madonnenbergverein. Er "prägte das Stadtbild" mit den Neubaugebieten Fensenbäumen und Nord, dem Neubau der Hübsch’schen Mühle und dem Kanzelbachsteg. Der Branichtunnel war "vielleicht sein politisches Meisterstück": "Für den Tunnel hat er gekämpft."

Kurz: "Schriesheim, wie wir es heute kennen, ist ein Stück weit auch Peter Riehl. Er ist untrennbar mit der Stadt verbunden." Er war "ein streitbarer Geist, wenn es um diese, seine Stadt ging" – und die Bürger schätzten den "eisernen Arbeiter, aufmerksamen Ratgeber, bestens informierten Diskussionspartner und humorvollen Freund". Oeldorf charakterisierte den Verstorbenen treffend als "direkt, geradeaus, grundehrlich, unbeirrbar und unbestechlich". Seine besondere Leidenschaft galt den Kindern wie den Senioren – und natürlich den Vereinen. Und nicht zuletzt strahlte seine Persönlichkeit "auch über die Stadtgrenzen" hinaus: "Der Rhein-Neckar-Kreis hat ihm viel zu verdanken." Oeldorf endete: "Danke für Deine Kraft und Leidenschaft für Schriesheim. Wir müssen Abschied nehmen, vergessen werden wir Dich nicht!"

Pfarrer Jäschke stellte hingegen das Tröstliche heraus. Zwar "trauert ganz Schriesheim mit", man solle aber auch "blicken auf das Gute und den Segen, den Peter Riehl gebracht hat". Ihm wurde "ein volles, reiches Leben geschenkt", dabei "wurden Menschen an seine Seite gestellt, die ihn durch Täler und dunkle Wege begleiteten, auch in letzter Zeit". Für Christen "spricht die Liebe das letzte Wort, nicht der Tod". Dazu passten Dietrich Bonhoeffers Lied – von allen gesungen – "Von guten Mächten wunderbar geborgen" und der gemeinsam gesprochene 23. Psalm ("Der Herr ist mein Hirte").

Jäschke zitierte abermals den großen Tröster Bonhoeffer: "Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich." So sollte man Peter Riehl "im Herzen bewahren": Er war "ein normaler Mensch, den man nicht auf ein Podest heben" sollte, er hatte "kantige Seiten" – und "gerade die letzte Zeit war nicht einfach mit ihren Schmerzen und der Krankheit". Offenbar war gerade in den letzten Monaten zwischen Riehl und Pfarrer Jäschke etwas gewachsen, als dieser ihn in den Heidelberger Kliniken (Kopfklinik, Orthopädie und zuletzt Bethanien-Krankenhaus) besuchte: "Sein Name ist bei Gott eingeschrieben, das tröstet mehr als alle Orden."

Sein Name ist auch bei den Schriesheimern eingeschrieben, die vier Männergesangvereine – die beiden Liederkränze aus der Kernstadt und aus Altenbach, die Eintracht und die Lyra – sangen gemeinsam zwei Lieblingslieder Riehls: "Land, wir kommen und wir gehen" und "Die Rose".

Mit den Fahnen der Schriesheimer Vereine voran und zum "Schriesheimer Lied" als Orgelnachspiel wurde in einem langen Zug der Sarg Riehls auf den Friedhof begleitet – die Straßen waren von der Polizei und der Feuerwehr abgesperrt. In der ersten Reihe gingen seine Witwe Evelyn Riehl-Goss, die sehr gefasst wirkte, und seine engen Freunde und Stützen in den letzten Jahren, Bernd Hegmann und seine Frau Heidi, sowie Riehls langjährige Vorzimmerdame Margit Höhr.

Als um 13.20 Uhr der Sarg in die Erde gelassen wurde, senkten sich die Fahnen der Vereine erneut – unter den Klängen der Jagdhornbläser. Pfarrer Jäschke endete mit: "Wir vertrauen darauf, dass die Liebe das letzte Wort hat."

Nicht alle Gäste der vom Rathaus angesichts der kurzen Zeit perfekt organisierten Trauerfeier – insgesamt rund 600, davon etliche im Kirchgarten, wohin die Feier übertragen wurde – wollten sich den Weg zum Friedhof in sengender Hitze zumuten. In der Kirche saßen neben Landrat Stefan Dallinger und seinem Vorgänger Jürgen Schütz auch alle aktuellen Bürgermeister des Bergstraßen-Sprengels, aber auch viele ehemalige wie Peter Denger und Hans Lorenz (Dossenheim), Werner Oeldorf (Hirschberg), Rainer Ziegler (Ladenburg) oder Volker Pauli (Hemsbach); es fehlte Riehls Nachfolger Hansjörg Höfer, der gerade im Urlaub ist.

Anwesend waren auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Karl A. Lamers sowie die Landtagsabgeordneten Fadime Tuncer und Sebastian Cuny. Später, zum Trauercafé vor und im Zehntkeller, kam noch der ehemalige Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger (siehe Kasten).

Aus Uzès war der ehemalige Vizebürgermeister und langjährige Vorsitzende des Partnerschaftskomitees, Gérard Bonneau, angereist; er vertrat Bürgermeister Jean-Luc Chapon, dessen Frau kürzlich schwer gestürzt war. Bonneau durfte zwar bei der Trauerfeier nicht reden, hatte aber doch eine Würdigung Riehls mitgebracht: "Wir erinnern uns an alle schönen Momente, die wir in den vielen Jahren unserer langen Partnerschaft erlebt haben. Peter war ein guter Freund, wir behalten ihn in besonderer Erinnerung als einen uns wohlgesonnenen Menschen, der uns über lange Jahre hinweg begleitet hat und und den wir nächstes Jahr zum 40. Jubiläum unserer Partnerschaft so sehr vermissen werden."

Dem ehemaligen Heidelberger Polizeichef Bernd Fuchs (Mauer) war es "ein großes Bedürfnis, mich von Peter Riehl zu verabschieden": "Wir hatten eine persönliche und berufliche Freundschaft. Er hat die Polizei immer hochgehalten, insbesondere seine ,Buwe’ im Polizeiposten. Er war zu meinem 50. Geburtstag eingeladen, seitdem sind wie per Du. Ich mochte seine Art, seine Zuverlässigkeit und Empathie."

Vielleicht hätte sich Riehl aber besonders über die Worte "normaler" Bürger gefreut, wie die von Evelin und Willibald Wagner, die vor dem Zehntkeller saßen: "Wir sind ja als Zugezogene Schriesheimer, erst unsere Kinder sind jetzt Schriesemer. Wir haben ihn immer gewählt, weil er ein richtiger Bürgermeister war: sehr bürgernah, ständig ansprechbar, und er hat immer sein Wort gehalten. Er war überall präsent und hat seine Bürger noch gekannt."


Auch Oettinger war da

Viele hatten sich gefragt, ob Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger zur Trauerfeier kommen würde. Terminlich schaffte er es nicht, denn er sprach beim Mittelstandstag der CDU in Baden-Baden. Aber er kam dann doch gegen 14 Uhr zum Trauercafé in den Zehntkeller, wo er gleich neben Evelyn Riehl Platz nahm. Er erzählte, dass er Riehl vor 40 Jahren kennengelernt hatte. Sein Mentor, der damalige Ministerpräsident Lothar Späth, hatte ihm damals gesagt: "Da gibt es einen tollen Bürgermeister im Rhein-Neckar-Kreis, dem kannst Du vertrauen." Späth war oft Gast auf dem Mathaisemarkt – das sollte auch für Oettinger gelten (zuletzt 2020).

Er bekam sogar von Riehl ein Henkelglas, das man ihm bei jedem Schriesheim-Besuch füllen sollte; er hatte es auch lange in seinem Dienstwagen, "bis es beim Reinigen zerdeppert wurde". Besonders gut erinnert sich Oettinger an Riehls Hartnäckigkeit in Sachen Tunnel. Doch der war kaum aus dem Verkehrshaushalt zu finanzieren, also legte man ein Sonderprogramm auf. Gefragt, ob Riehl trickreich vorgegangen sei, sagte Oettinger: "Er war kein Trickser, aber ein Schlitzohr." Zumindest war es ein geschickter Schachzug, den Ministerpräsidenten 2009 zum Madonnenberg-Ehrenpaten zu machen. Oettinger, der gern und oft in der Kurpfalz war, findet: "Peter Riehl war ein idealer Vertreter dieser Region."

Ex-Bundestagsabgeordneter Karl A. Lamers erinnerte sich, wie er in Heidelberg auf den Wahlkampfredner Oettinger wartete, doch der war zuvor in Schriesheim, bei Riehl. Für Lamers war der "ein Bürgermeister, wie man ihn sich vorstellt". Beim gemeinsamen Rundgang durch die Stadt "kannte er alle". Er findet es "toll, dass heute Oettinger gekommen ist – das ist Freundschaft!"

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung