Bisher kamen 50 Personen an, vor allem Frauen und kleine Kinder. Der Wohnraum ist extrem knapp. Aktuell sind kaum ukrainische Schüler angemeldet.
Von Micha Hörnle und Max Rieser
Schriesheim. Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine erreicht jetzt auch Schriesheim. Wie das Rathaus auf RNZ-Anfrage erklärte, sind bereits 50 Personen im Stadtgebiet untergebracht, teil privat, teils in städtischen Unterkünften. Auch die ersten Kinder gehen, zumindest in Altenbach, zur Schule. Die RNZ trägt zusammen, was bisher Stand der Dinge ist.
> Wann die Ersten ankamen und wer sie sind: Bereits Anfang März wurden Kriegsflüchtlinge von privater Seite aufgenommen. Mittlerweile wurden der Stadt auch ganz offiziell vom Landratsamt die Ersten zugewiesen, die nun untergebracht werden müssen. Dabei handelt es sich vor allem um kleine Familien oder Mütter mit Kindern oder Großeltern mit Enkelkindern; meist ohne Männer, denn die wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Generell rechnet die Stadt mit einer großen Zahl von Kindern – was auch Folgen für die Kindergärten und Schulen haben wird. Der Kontakt zwischen den Privathaushalten, in denen Flüchtlinge wohnen, und dem Rathaus sei sehr gut, "demzufolge hat die Stadt Schriesheim einen guten Überblick über die aktuelle Situation", sagt die Verwaltung.
> Wie viele ankommen werden: Das weiß man noch nicht genau, sagt das Rathaus: "Aufgrund der dynamischen Lage und der derzeit noch fehlenden Informationen von offizieller Seite (Bund oder Land) können noch keine konkreten Zahlen oder Schätzungen abgegeben werden." Im Rhein-Neckar-Kreis richtet sich die Zuteilung des Landratsamtes an die Kommunen prinzipiell nach deren Einwohnerzahl im Verhältnis zur Kreis-Gesamteinwohnerzahl.
> Wie gut Schriesheim vorbereitet ist: Generell ist die Stadt mit einer Integrationsbeauftragten – sie koordiniert gerade vor allem die Wohnraumsuche und hilft bei konkreten Problemen der Flüchtlinge – sowie einer Integrationsmanagerin und einem Integrationsmanager in Sachen Integration und Migration gut aufgestellt. In der momentanen Ausnahmesituation unterstützen die beiden Mitarbeiterinnen diese bei der Beratung und Betreuung der Ukraine-Flüchtlinge. Außerdem wurde ämterübergreifend eine Arbeitsgruppe im Rathaus ins Leben gerufen, um durch regelmäßige Treffen und einen Informationsaustausch auch in Einzelfällen schnelle Entscheidungen treffen zu können.
Mittlerweile ist praktisch jedes Amt und jede Einrichtung involviert: das Ordnungsamt, insbesondere auch das Bürgerbüro, das Hauptamt, die Liegenschaftsabteilung, die Hausmeister, das Bauamt sowie die Schulen und Kindergärten. Allerdings, das gibt das Rathaus zu, kann man sich auf die Dynamik der Flüchtlingsbewegung nicht völlig vorbereiten. Wichtig ist vor allem, "schnell auf Einzelfälle und neue Situationen zu reagieren und zu handeln".
Aber auch die Stadtgesellschaft ist gefordert, gerade die Ehrenamtlichen der Flüchtlingshilfe, die von der Integrationsbeauftragten koordiniert werden. Das Fazit der Stadtverwaltung: "Dank der enormen Bereitschaft aus der Bevölkerung sowie der Unterstützung innerhalb des Rathauses ist die Stadt grundsätzlich gut vorbereitet. Dennoch ist die Belastung innerhalb des Rathauses hoch."
> Wo die ukrainischen Flüchtlinge unterkommen sollen: Das ist im Prinzip so wie bei allen Flüchtlingen: Entweder sie kommen auf dem privaten Wohnungsmarkt, bei Familie und Freunden unter oder eben in städtischen Unterkünften beziehungsweise in von der Stadt angemieteten Wohnungen – und zwar, wie bisher schon, möglichst dezentral. In jedem Fall werden alle von Stadt-Mitarbeitern betreut. Allerdings weiß die Stadt jetzt schon, dass sie mit den städtischen Unterkünften nicht hinkommt, denn immer noch wohnen dort die Flüchtlinge der letzten Welle vor fünf Jahren, weil die in der Region ein akuter Mangel an bezahlbaren Wohnungen herrscht. Das Rathaus ist also auf Wohnungsangebote von Privatleuten angewiesen. Größere Objekte müssen aber auf ihre Eignung als Flüchtlingsunterkunft geprüft werden – und das ist eine Einzelfallentscheidung.
> Wie man sich an der "Wohnraumbörse" beteiligen kann: Die Stadt betreibt bereits seit Beginn der aktuellen Flüchtlingswelle eine Art "Wohnraumbörse". Es gab bereits Aufrufe an die Schriesheimer, leer stehende Wohnungen für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung zu stellen, und es gab schon ersten Erfolge (ähnlich wie früher schon beim Programm "Schriese FAIRmietet"). Wer eine Wohnung zur Verfügung stellen kann, meldet sich beim Rathaus per E-Mail an liegenschaften@schriesheim.de (bitte angeben, wer vermietet, was genau vermietet wird, wie groß und wie geschnitten die Wohnung ist und ob sie möbliert ist).
> Die Situation in den Kindergärten: Im Moment gibt es nur vereinzelte Anfragen für eine Kinderbetreuung. Allerdings, so sagt das Rathaus, sei es nicht möglich, kurzfristig einen Kindergartenplatz bereitstellen zu können, da es jetzt schon an Erziehern mangelt. Allerdings arbeitet man daran, "wie dem plötzlich gestiegenen Bedarf an Kindertagesbetreuungsplätzen begegnet werden kann".
> Die Situation an den Schulen: Noch ist die Lage hier ruhig, und es gibt aktuell kaum geflüchtete Schüler – das berichten zumindest die Schulen, die die RNZ erreichen konnte. Das Rathaus bilanziert bisher: "Bislang meistern unsere Schulen die herausfordernde Situation sehr gut.
Am Montag begrüßte die Grundschule in Altenbach die ersten geflohenen Kinder, wie Schulleiterin Anja Münster-Doubravsky berichtet: "Im Moment sind es vier." Erstaunlich sei, dass die Grundschüler relativ gut Englisch sprechen und auch der lateinischen Schrift mächtig seien, was nicht selbstverständlich ist, da in der Ukraine kyrillische Buchstaben verwendet werden. Die Lehrer müssten nun erst mal die "Berge an Material", die es auf Internetseiten des Landes für die Schule gäbe, sichten. Ob und wann noch mehr geflüchtete Kinder in die Schule mit nur 66 Schülern insgesamt kämen, sei laut Münster-Doubravsky jetzt noch nicht abzusehen.
An der Strahlenberger Grundschule seien Kinder angemeldet worden, die dann aber wieder wegzogen und dadurch nicht hier ankamen, berichtet Schulleiterin Stefanie Zschätzsch. Daher gebe es aktuell noch keine ukrainischen Schüler an ihrer Schule. Eine Umfrage unter den Eltern habe schon "viele positive Rückmeldungen" für mögliche Patenschaften an der Schule ergeben. 15 Familien boten an, geflüchtete Kinder zu unterstützen, wenn diese in die Klassen ihrer eigenen Kinder kämen. So könnten die Kinder bestmöglich aufgenommen werden, sagt Zschätzsch.
Am Heinrich-Siegmund-Gymnasium und der Kurpfalz-Realschule gibt es bisher auch noch keine ukrainischen Schüler. Die Kurpfalz-Grundschule und das Kurpfalz-Gymnasium standen nicht für eine Auskunft zur Verfügung.
> Wie man mit Haustieren in den Flüchtlingsunterkünften umgeht: Da viele Flüchtlinge mit der Bahn oder dem Auto herkommen, nehmen sie oft ihre Haustiere mit, und von denen wollen sie sich nicht trennen, wie beim Antrittsbesuch von SPD-Landtagsabgeordneten Sebastian Cuny bei Bürgermeister Christoph Oeldorf zu hören war. Ist das jetzt schon ein Problem? Jein. Denn bisher gab es noch keine Flüchtlinge mit Tieren, aber die Stadt hat das Thema jetzt schon auf dem Schirm. Sie hat bereits Kontakt mit Schriesheimer Tierarztpraxen aufgenommen, mit denen man kooperieren will. Dort sollen die Tiere untersucht, Impfpässe kontrolliert und gegebenenfalls wichtige Impfungen nachgeholt werden, um dann eine Aufnahme in die städtische Unterkunft prüfen zu können.