25.04.2024

Das bittere Ende des Traums von einem Dorfladen

Im einst so gepriesenen "Vorbild Hochstädten" machte der kleine Supermarkt zu.

Schriesheim-Altenbach/Hoch­städten. (hö) Einige Zeit blickten die Altenbacher etwas neidisch auf das kleine Dorf Hochstädten, einen Stadtteil von Bensheim. Denn hier war das wahr geworden, wovon man in Altenbach nur träumen konnte: Ab 2018 gab es einen Dorfladen mit angeschlossenem Café. Davon war man so angetan, dass fortan das "Hochstädter Haus" eine Blaupause war für ähnliche Pläne im Schriesheimer Ortsteil, in dem seit 2016 die meisten Läden, Bankfilialen und auch das letzte Restaurant geschlossen hatten.

Doch nun die Ernüchterung: Den so hoch gelobten Dorfladen in dem 700-Einwohner-Dorf gibt es nicht mehr, wie Andreas Klemm vom Förderkreis "Hochstädter Haus" auf RNZ-Anfrage bestätigt: Der kleine Supermarkt hat seit Dezember geschlossen. In Altenbach setzte die Ernüchterung schon etwas früher ein: Im letzten Juli wurde hier das Projekt "Dorfladen" auf Eis gelegt, denn die Probleme waren einfach zu übermächtig: Auch coronabedingt dezimierte sich der Kreis der Engagierten, die den Mini-Supermarkt stemmen wollten; von den einst 60 Begeisterten im Herbst 2019 waren nur fünf übrig geblieben. Und vor allem gab es keinen "Macher", der das Projekt unbedingt umsetzen wollte – und ohne den würde es nicht gehen, hatte Klemm schon früh den Altenbachern ins Stammbuch geschrieben. Einmal abgesehen davon, dass es – im Gegensatz zu Hochstädten – keine Immobilie gab: Die ehemalige Volksbankfiliale wurde an eine Privatfirma verkauft, womit Altenbach auch keinen Bankautomaten mehr hat.

Allerdings, und das wiederum eint Hochstädten und Altenbach: Die Idee eines Cafés, wenn auch ohne Laden, ist überlebensfähig. Das klang vor gut zwei Jahren noch anders. Damals hatte Klemm gesagt, dass Laden und Café nur zusammen existieren können, schließlich sollte der Ausschank den defizitären Supermarkt subventionieren. Aber auf Dauer funktionierte das nicht, wie Klemm zugibt: "Der Laden ist während der Pandemie ganz gut gelaufen, aber das Café war die meiste Zeit geschlossen. Da fehlten uns die Einnahmen – und das hat uns am Ende auch die Füße weggerissen." Außerdem war das Café "sehr klein und machte nur bei schönem Wetter Geschäft – aber wir hatten im letzten Jahr kaum gutes Wetter". Und so zog Klemm mit seinem Förderkreis Mitte Dezember die Reißleine.

Der Laden wurde geschlossen, das Café an einen Bensheimer Gastronomen verpachtet. Anfang April wurde es dann nach einem Umbau wiedereröffnet: Der alte Supermarkt wurde zum Großteil dem neuen Lokal zugeschlagen, nur noch eine kleine Nische ist für den Verkauf von regionalen Produkten vorgesehen: "Der Shop liegt im Ermessen des Pächters", sagt Klemm. Aber immerhin gibt es hier weiter Brot und Brötchen. Das Aus für den Dorfladen betrübt ihn durchaus: "Wir haben es nicht geschafft, unser Dorf dazu zu bringen, hier einzukaufen. Vielleicht ist Hochstädten für einen Dorfladen einfach zu klein und die Supermärkte in Auerbach sind zu nah. Aber wir mussten den Tatsachen ins Auge sehen."

Unterdessen macht das Dorfcafé in Altenbach Fortschritte: Der Umbau soll bis Oktober beendet sein, und der Förderverein hat sich personell neu aufgestellt. Auch in Hochstädten wird das kleine Lokal gut angenommen. Vielleicht deswegen, weil es an einer beliebten Wanderstrecke liegt. Denn, so meint Klemm: "Von den Hochstädtern allein könnte das Café nicht leben."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung