08.09.2024

"Pufferzone" soll Windräder am Weißen Stein ermöglichen

Die Gemeinde will hier die Windkraft vorantreiben. Wie es weiter geht.

Von Doris Weber

Dossenheim. Im Sommer 2023 beschloss der Gemeinderat für Dossenheim gemeinsam mit Schriesheim zu prüfen, ob er den Bau von Windkraftanlagen (WKA) an den Hängen des Weißen Steins möglich machen will. Jetzt war die Kommune als "Träger öffentlicher Belange" ebenso wie andere zur Stellungnahme zur "Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie" aufgefordert. Die Nachbarn hatten ein Festhalten der darin dargestellten Fläche bereits befürwortet.

Gleiches beschloss jetzt die ehemalige Steinbrechergemeinde bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung. So bleiben Dossenheim wie Schriesheim in Sachen Windenergie weiter am Ball. Die Frist zum Einreichen der Stellungnahmen endet am Montag, 13. Mai. Dann wird der für die Metropolregion tätige "Verband Region Rhein-Neckar" (VRRN), der den Entwurf des Teilregionalplans erstellt hat, die eingegangenen Stellungnahmen prüfen, abwägen und darüber entscheiden. Bis September 2025 ist der Plan als Satzung zu beschließen.

Petra Schelkmann, Leitende Direktorin des Verbands, und Jonas Engel, VRRN-Energieplaner, waren zur Sitzung anwesend und stellten dem Gemeinderat sowie dem zahlreich erschienenen Publikum die Situation der hier relevanten Fläche "HD/RNK-VRG01-W – Weißer Stein" vor. Außerdem warben sie mit Hintergrundinformationen um Verständnis, warum das selbstständige Ausweisen von Vorranggebieten wichtig ist.

Letzteres hängt mit den erklärten Zielen von Bund und Land zusammen, 1,8 Prozent ihrer Flächen als Vorranggebiete auszuweisen. Nach einem "kompletten Systemwechsel" im Bereich der Windenergieplanung delegierte das Land diese Aufgabe an die Regionalverbände. Wird das Flächenziel nicht erreicht, können Investoren Bauanträge für jedweden Standort stellen.

Daher die gleich einem Mantra wiederholte Aussage: "Ziel sollte sein, die Steuerungsfähigkeit in der Hand zu behalten." Für Schelkmann stand aufgrund "interregionaler Gerechtigkeit" überdies fest, dass auch im Landkreis Gebiete auszuweisen seien. Worin die zu verteilende Gerechtigkeit besteht, blieb jedoch offen.

Die im Windenergieatlas dargestellte Fläche um den "Weißen Stein" beträgt insgesamt 479,7 Hektar. Sie befindet sich teilweise auch auf Heidelberger Gemarkung. Aus Sicht beider Gemeinden kann diese Fläche vom Entwurf in den Plan überführt werden. Das Areal weist aus Sicht der Standortsucher allerdings Nachteile auf. So grenzt es unmittelbar an das Vogelschutzgebiet "Bergstraße Dossenheim-Schriesheim" und liegt dicht am europäischen Fauna-Flora-Habitat-Gebiet "Odenwald bei Schriesheim".

Außerdem sind dort Uhu und Wanderfalke anzutreffen. "Wie können wir dieses Ergebnis in ein positives ändern?", sagte Energieplaner Engel. Durch eine Pufferzone. Ein 300 Meter tiefes, das Vorranggebiet verkleinerndes Band, schaffe hinreichend Abstand. Die dazu alternative "Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung" schien man nicht in Erwägung ziehen zu wollen.

Der Mehrheit des Gemeinderats war jedenfalls wichtig, weiter am Ball zu bleiben. Insgesamt wurde die Darstellung durch die Verbandsvertreter von den Gemeinderäten sehr gelobt. Als Bürgermeister David Faulhaber das abschließend unterstrich, wurde im Saal applaudiert.

Das weitere Vorgehen

Eine endgültige Entscheidung für oder gegen Windkraftanlagen im Wald auf der Fläche "HD/RNK-VRG01-W – Weißer Stein" ist in Dossenheim noch nicht gefallen. Zwar hatte der Gemeinderat bei seiner Stellungnahme zum Teilregionalplan Windenergie entschieden, dass Dossenheim an der Entwurfsfläche festhalte. Aber wie es die notwendige Meinungsfindung gestalten will, klärte das Gremium im Anschluss und folgte dabei dem Beschlussvorschlag der Verwaltung einstimmig.

Nach einer Stunde und 14 Minuten war entschieden, dass eine paritätisch besetzte "Dialoggruppe" mit Vertretern aus den Verwaltungen in Schriesheim und Dossenheim sowie deren Gemeinderäten gebildet wird. Das "Forum Energiedialog Baden-Württemberg" moderiert den Prozess. Als Sitzungsunterlage beigefügt waren das Ergebnis des "Bürgerdialogs Windkraft", der im Januar stattgefunden hatte.

Auf der Seite der Gemeinde unter www.dossenheim.de/erneuerbareenergien/ ist es nachzulesen. Daraus waren Entscheidungskriterien abgeleitet. Die Kommunen Schriesheim und Dossenheim ergänzten zudem, dass die Fläche im Besitz der jeweiligen Kommune verbleibt und nicht veräußert wird. Die Anzahl der Windräder soll bei interkommunaler Zusammenarbeit auf beide Eigentümer gleich verteilt werden. Weiter sind gesetzliche Vorgaben angefügt.

Ein Bürger hatte eingangs der Sitzung die Ableitungen aus dem Bürgerdialog eher kritisch gesehen. Er fühle sich nicht so richtig mitgenommen, sagte er, und weiter, er wünsche sich bei "diesem wichtigen Thema" im weiteren Verfahren eine enge Einbindung der Bürger. Bürgermeister David Faulhaber sagte zu, dies weiter zu tun. Den Kriterienkatalog bezeichnete er als "Arbeitsgrundlage". Die Möglichkeit, die Kriterien zur Entscheidungsfindung entwickeln zu können, lag auch den Gemeinderäten am Herzen.

Manuela Holzapfel (FDP) fand Äußerungen ihrer Arbeitsgruppe in der Darstellung nicht wieder. Matthias Harbarth (CDU) sprach vom "Nachschärfen". Steffen Schmitt (SPD) hielt eine Entwicklung ebenfalls für wichtig. Und auch die Grünen begrüßten insgesamt das weitere Vorgehen. Peter Wilhelm (Grüne) unterstrich den Wunsch des Bürgers, Private, Initiativen und Verbände weiter am Meinungsbildungsprozess teilhaben zu lassen. Bürgermeister Faulhaber verwies darauf, dass die Bürger frühzeitig beteiligt worden seien und dass dies "bewusst durchgeführt" worden sei.

Insgesamt waren alle froh, dass die Meinungsfindung vom "neutralen Forum Energiedialog", wie Jule Gramlich (FW) sagte, begleitet wird. Wilhelm erhofft sich dadurch eine Diskussion "ohne Emotionen und manipulative Rhetorik". Harbarth war über die Begleitung des komplexen Themas froh. Wer aus Verwaltung und Gemeinderat Mitglied der Dialoggruppe sein wird, wurde an diesem Abend nicht geklärt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung