08.09.2024

Mathaisemarkt Schriesheim: Weinprobe in 48 Metern Höhe

Mehr als 400 Teilnehmer kamen mit der RNZ ins Riesenrad.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Manchmal verpasst die RNZ ihre eigenen Jubiläen: Denn die Riesenrad-Weinprobe gibt es jetzt seit zehn Jahren – und sie hat sich mittlerweile zu einem regionalen Event gemausert. 2014, in dem Jahr, als Schriesheim 1250 Jahre feierte, musste es sich erst noch herumsprechen, dass es etwas Besonderes ist, in über 40 Metern Höhe vier Weine der Winzergenossenschaft zu verkosten.

Damals gab es nur eine Runde – und zwar in den offenen Kabinen des damaligen Riesenrad-Modells "Juwel". Heute ist das anders: Die Gondeln im "Grand Soleil" sind weitgehend geschlossen, aber kalt kann es einem doch werden. Doch die Schriesheimer haben gelernt: Sie bringen meistens ihre eigenen Decken mit – auch wenn die Winzergenossenschaft (WG) welche stellt.

Von Anfang an wurden die Gäste dieser besonderen Weinprobe mit "Woiknorze" der Bäckerei Heiß ausgestattet, doch viele in den Gondeln machen ihr eigenes kleines Vesper-Event draus: Liebevoll geschnippelte Kleinigkeiten oder Selbstgebackenes hat man vorbereitet – ab und an dürfen auch die Helferinnen davon etwas kosten.

Die meisten sind Stammgäste
In diesem Jahr waren es Heike Gaber und Ellen Reichherzer; Gaber ist zwar seit 27 Jahren bei der WG angestellt, ist aber erst das zweite Mal bei der RNZ-Riesenrad-Weinprobe dabei. Reichherzer hat bis dato alle mitgemacht – und sie kennt natürlich die meisten Gäste: "Oft sehe ich jedes Jahr dieselben Gesichter." Tatsächlich ergab eine spontane Umfrage vor den beiden Runden, dass die meisten längst Stammgäste sind – und viele aus Schriesheim kommen. Wieso stehen Reichherzer und Gaber freiwillig über vier Stunden lang auf der Plattform und reichen in jede der 36 Gondeln die Weinflaschen? "Ich mag einfach den Kontakt mit den Leuten!", sagt Reichherzer. Und Gaber meint: "Die Leute sind einfach lustig. Und ich finde es schön, bekannte Gesichter zu sehen."

Am wenigsten von der RNZ-Riesenrad-Weinprobe hat eigentlich WG-Geschäftsführer Manuel Bretschi. Er fährt nicht mit, sondern erklärt vom Boden aus die vier Weine des Abends: als Aperitif ein Schriesecco in der neuen Flasche (ohne Plastikkorken, dafür mit Schraubverschluss), einen Grauburgunder aus der ebenfalls neuen "Handwerk"-Serie, einen St. Laurent (der tatsächlich noch einen Naturkorken hat) und schließlich einen lieblichen Gewürztraminer zum Dessert – wozu es immer Pralinés vom Café Linde gibt.

Erstaunlich, was die nur 130 Hektar Weinberge, die die Mitglieder der WG bewirtschaften, alles hergeben. Und so vergaß Bretschi natürlich nicht, das herauszuheben, was die Bergstraße besonders macht: die Vielfalt der Böden, die Steilhänge und der relativ hohe Niederschlag (weil sich hier die Wolken abregnen, die in Richtung Odenwald ziehen). Sein Lobpreis der Region passt ganz gut zu seinem Appell während des Behördentags, doch endlich mal an der gesamten Bergstraße mehr zur Entwicklung ihres touristischen Potenzials zu tun – zumal man in luftiger Höhe die ganze Region überblicken kann.

Denn bei jeder RNZ-Riesenrad-Weinprobe gibt es doch Gäste von auswärts, die man für die Gegend begeistern kann – wie Julia Michel aus Karlsruhe. Sie war schon mal mitgefahren, und es hat ihr "so gut gefallen, dass ich wiedergekommen bin". Tobias Boden hatte einen kürzeren Weg: Er kommt aus Nieder-Liebersbach, in seiner Gondel sitzen Freunde aus Heidelberg: "Es macht Super-Spaß, im Riesenrad Wein zu trinken – und dazu auch in Gesellschaft."

Alexander Föhr kennt mittlerweile als CDU-Bundestagsabgeordneter das Prozedere. Wie im letzten Jahr hat er eine Gondel mit Schulfreunden aus dem Heidelberger Bunsen-Gymnasium gebucht. Für ihn ist diese Veranstaltung "ein absolutes Highlight", er schwärmt von der "wunderbaren Atmosphäre". Aber auch für manche Bergsträßer gibt es ein erstes Mal: Petra Knopf aus Schriesheim steigt gerade mit Dagmar Miltner aus Dossenheim ein, die noch nie dabei war: "Mal sehen was kommt. Wir wollen etwas Spaß haben."

Ganz besondere Gäste waren am Donnerstagabend die drei Ex-Weinhoheiten Miriam Knapp, Ylva Neuert und Sophie Weil. Weil sie in ihrer Amtszeit, die am vorletzten Freitagabend endete, zu engen Freundinnen geworden sind, haben sie sich gleich eine Gondel gemietet. Und waren – was die warme Kleidung anbelangt – "besser vorbereitet als letztes Jahr", wo sie noch als frisch Inthronisierte mitfuhren.

In ihrer Gondel "war es lustig, wir haben sogar gesungen – das Schriesheimer und das Badner Lied", berichtet Sophie. Ihre Abkrönung, bei der doch einige Tränen flossen, haben die drei gut verkraftet: "Danach ging es wieder. Und wir hatten dann einen stressfreien Abend", erklärt Miriam. Insofern war der "Verlust" des Amtes "der Start in unsere Freundschaft", sagt Sophie.

Ihre Nachfolgerinnen Anna Scheid, Emélie Ewald und Maren Gadzalli kennen natürlich das Riesenrad, aber bisher noch nicht die RNZ-Weinprobe. Ihr Fazit: "Das hat meine Erwartungen übertroffen. Es war auch nicht zu kalt", meint Anna. Ihr gefiel am besten bei der ersten Runde, dass die Fahrt noch im Hellen begann und im Dunklen endete – Sonnenuntergang über dem Pfälzer Wald inklusive.

Und wie erlebte Bretschi seine zweite RNZ-Riesenrad-Weinprobe? "Wie immer war die Stimmung ausgelassen. Von unten sieht man die 36 Gondeln und schaut in immer fröhlicher werdende Gesichter. Neulich habe ich einem Kunden von diesem Event erzählt – und der konnte nicht glauben, dass es so etwas überhaupt gibt."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung