25.04.2024

AfD-Nähe: "Schriesheimer Demokratie- und Kulturverein" kein Fall für Verfassungsschutz

Bisher wird der Verein mit einem AfD-Stadtrat als Vorsitzenden noch nicht vom Land beobachtet.

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Der "Demokratie- und Kulturverein", dem der AfD-Stadtrat Thomas Kröber vorsteht, beschäftigt seit seiner Gründung vor gut 18 Monaten die Bürger – und jetzt auch, zumindest ein bisschen, die Landespolitik. Denn die grüne Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer wollte von Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) wissen, ob diese AfD-nahen Vereine – in Baden-Württemberg gibt es noch mindestens fünf weitere – nun auch als Verdachtsfall vom Landesamt für den Verfassungsschutz beobachtet werden – wie bereits seit Juli die AfD und ihre Parteigliederungen.

Strobls Antwort: Nein, bisher nicht. "Aus dem Umstand, dass die hier angeführten Vereine Bezüge zur AfD aufweisen oder beispielsweise AfD-Mitglieder die Gründung von Vereinen initiiert haben beziehungsweise in den Vereinsvorständen vertreten sind, folgt nicht zwangsläufig, dass sich der Beobachtungsauftrag des Landesamtes für Verfassungsschutz auf diese Vereine erstreckt." Aus dem folgenden Satz Strobls liest aber Tuncer heraus, dass sich das auch mal ändern könnte: "Welche Strukturen die AfD initiiert beziehungsweise unterhält, um einen verfassungsfeindlichen Kurs voranzutreiben, ist Gegenstand der weiteren Beobachtung."

Demnach ist eine Beobachtung der AfD-nahen Vereine wie des "Schriesheimer Demokratie- und Kulturvereins" für Tuncer "für die Zukunft nicht ausgeschlossen". Denn sie sieht in ihnen "faktische Vorfeldorganisationen der AfD" – mit dem Ziel, "der AfD mehr Einfluss zu verschaffen beziehungsweise deren Politik auf unterschiedlichen Ebenen zu unterstützen".

Auch in Schriesheim ärgert sich nicht nur Tuncer über den "Demokratie- und Kulturverein": Zum einen, weil sich viele über die kostenlos an Haushalte verteilte Postille "Schriesheimer Bote" mit ihren Verschwörungstheorien aufregen; zum anderen sorgen die Beiträge dieses Vereins im Gemeindemitteilungsblatt für Verdruss, weil dort immer wieder Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft persönlich angegangen werden. Diese Beiträge hatten Alt-Bürgermeister Hansjörg Höfer so sehr aufgebracht, dass er im vorletzten Sommer die Richtlinien für Veröffentlichungen im "Blättchen" derartig verschärfte, dass auch politisch "harmlose" Vereine fast nichts mehr veröffentlichen durften. Nach heftigen Protesten, auch aus dem Gemeinderat, musste Höfer einen Rückzieher machen.

Allerdings bleiben die Richtlinien zur Veröffentlichung im Mitteilungsblatt weiter auf der Agenda des Rathauses, wie Bürgermeister Christoph Oeldorf auf der vorletzten Ratssitzung im Oktober erklärte. Das ist auch der Stand der letzten RNZ-Anfrage vom Mai: Damals hieß es, dass "die Richtlinien für das städtische Amtsblatt in den kommenden Monaten vom Gemeinderat beschlossen werden". So sei geplant, den Veröffentlichungsberechtigten "so viele Freiheiten als möglich einzuräumen", doch werde es wohl "zu gewissen Einschränkungen für die Veröffentlichungspraxis kommen"; allerdings sei "nicht vorgesehen, dass Vereine lediglich Terminankündigungen vornehmen dürfen".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung