20.04.2024

Für Winzer Max Jäck muss "Wein nicht kompliziert sein"

Der Schriesheimer Winzer Max Jäck auf der Weinmesse "Prowein" in Düsseldorf. Foto: Rieser
Der Schriesheimer Winzer Max Jäck auf der Weinmesse "Prowein" in Düsseldorf. Foto: Rieser
Winzer Max Jäck (l.) bekam Besuch von RNZ-Mitarbeiter Max Rieser. Foto: Rieser
Winzer Max Jäck (l.) bekam Besuch von RNZ-Mitarbeiter Max Rieser. Foto: Rieser
Antonios Askitis (l.) und Winzer Stefan Bietighöfer sprachen über Essen und Wein. Foto: Rieser
Antonios Askitis (l.) und Winzer Stefan Bietighöfer sprachen über Essen und Wein. Foto: Rieser

Der Schriesheim Winzer stellte auf der Riesen-Weinmesse "Prowein" in Düsseldorf aus. Die RNZ hat ihn begleitet.

Von Max Rieser

Schriesheim. Weingüter, deren Namen jedem Kenner das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, Tausende Aussteller und eine gigantische Fläche. Das war die diesjährige "Prowein" in Düsseldorf, eine der weltweit größten Messen für Wein und Spirituosen. Und mittendrin unter den Megastars der Weinindustrie: Max Jäck aus Schriesheim.

Mit vier Hektar Rebfläche gehört er hier zu den kleinsten Betrieben, und eigentlich wäre ein Stand auf der Messe für ihn kaum möglich: "Die Gebühren sind sehr hoch", berichtet er der RNZ.

Gut also, dass Jäck erst im kommenden Jahr seinen 35. Geburtstag feiert. Denn so konnte er über das Losverfahren der Jungwinzer-Gruppe "Generation Riesling" auf die Messe reisen und bekam die Chance, sich den fast 50.000 Besuchern aus aller Welt zu präsentieren.

Die "Prowein" richtet sich an ein Fachpublikum, also an Winzer, Weinhändler, Gastronomen und die Medien. Rund 6000 Aussteller aus 60 Ländern zeigen in insgesamt 14 Hallen auf einem schier endlosen Areal vor allem Wein, aber auch Gläser, Spirituosen und Bier.

Die traditionell größte Halle bespielt Italien mit fast 1500 Ausstellern. Deutschland ist nach Frankreich (947) mit 726 Ständen am drittstärksten vertreten. Und bei vielen der "Big Player" im Weingeschäft merkt man gleich, dass sie da sind, um schweres Geld zu machen.

Für einen Reporter interessieren sie sich nur mäßig. Anders ist es bei den kleineren Betrieben wie dem von Max Jäck, denen man die Leidenschaft gleich anmerkt und die gern alle Details über ihre Weine, ihre Anbaugebiete, Keller und Rebsorten bei einem Schluck zum Besten geben.

Ein Zufall ist es sicher nicht, dass Jäck Winzer wurde. Der Obsthof der Familie liegt am Rande der Weinstadt Schriesheim, und wurde von seinem Opa Ludwig in den 1960er-Jahren gegründet.

Auch Reben an den teilweise sehr steilen Hängen der Stadt hatte die Familie schon immer und lieferte die Trauben an das Weingut Adam Müller in Leimen ab.

Dort machte Jäck kurz vor dem Abitur interessehalber ein Praktikum und entschloss sich kurzerhand, das Ganze professionell anzugehen: "Ich wurde gefragt, ob ich lieber im Keller oder im Weinberg arbeiten will", erzählt er. Er entschied sich für den Keller und begann die Ausbildung zum Weinküfer oder Weintechnologen: "Heute würde ich eher die Ausbildung zum Winzer machen", sagt er. Dabei sei man mehr an der frischen Luft.

Nach der Ausbildung "hat es mir erst mal gereicht mit dem Arbeiten", sagt Jäck schmunzelnd. Also ging er an die Hochschule Geisenheim, um Weinbau und Önologie (Weinherstellung) zu studieren.

Hier kam er auch erstmals in Berührung mit ökologischem Landwirtschaften, was sein späteres Arbeiten stark beeinflusste, sein Betrieb befindet sich gerade in der Umstellung zum Bio-Weingut.

Bei Praktika in der großen Südtiroler Kellerei Sankt Michael und im Weingut Hummel in Malsch, entwickelte er sich weiter: "Dort habe ich gelernt, was Qualität bedeutet", erinnert sich Jäck. 2014 war das Studium vorbei, "und dann ging es direkt in die Selbstständigkeit", sagt der Winzer. "Vielleicht hätte ich erst noch ein bisschen Praxiserfahrung sammeln sollen, aber die Neugier war riesig", erzählt er.

Die Arbeit war hart. Es mussten Rebzeilen neu angelegt werden, teilweise wechselte er die Rebsorten auf den damals zwei Hektar und legte sie so an, dass sie von den klimatischen Bedingungen besser profitieren können. "Ich musste mich auch in viele Dinge noch reinfuchsen", gibt er zu.

Und auch räumlich musste sich noch etwas ändern, denn im heutigen Keller seines Betriebs stand damals noch eine Halfpipe, die der leidenschaftliche BMX-Fahrer für sein Hobby nutzte. So ganz loslassen kann er diese Seite aber nicht.

So schmückt das Etikett einer seiner Kreationen ein Schriftzug im Graffiti-Stil. Sogar einen seiner Weinberge verzierte ein solcher Schriftzug mit seinem Namen kurzfristig weithin lesbar, bis er ihn entfernen musste.

Im Keller sei auch die Devise gewesen: "Erst mal richtige Abläufe reinkriegen." Dann konnte es weitergehen: "Wenn man offen für Neues ist, wird man auch neugierig", sagt Jäck. Also begann er sich – wie viele junge Winzer – von Konventionen zu lösen.

Eine große Erleichterung sei die Entscheidung gewesen, seine Weine nicht mehr als Qualitäts-, sondern Landweine klassifizieren zu lassen: "Jedes Jahr hatte ich Bauchschmerzen, ob es klappt." Jetzt sei er entspannter, und die Kunden würden auf diese Bezeichnungen kaum noch achten.

Als "Underdog" gelte es, sich auf einer so großen Messe abzuheben. Also hat er einen Grauburgunder mitgebracht, den er als "Orange Wine" ausgebaut hat. Die orange Farbe erhält er dadurch, dass die Traube lange auf der Maische, also den ausgepressten Trauben, liegengelassen werden.

Dadurch nimmt der Wein mehr Tannine und Farbstoffe aus den Schalen an. Auch einen "Pet Nat", was für Pétillant Naturel (Französisch für: Natürlich schäumend) steht, hat Jäck schon produziert. Dabei wird der Wein ungefiltert abgefüllt und gärt in der Flasche weiter, wodurch Kohlensäure entsteht.

Und der eingeschlagene Weg zahlt sich aus. Schon 2016 wurde das Weingut erstmals im renommierten Weinführer Eichelmann gelistet. Mittlerweile hat es dort drei von fünf Sternen.

Aktuell beschäftigt sich Jäck mit biodynamischem Weinbau, wobei er dabei manche Aspekte schlüssiger findet als andere: "Dass die Mondphasen Einfluss auf die Flüssigkeit in den Trauben haben, leuchtet ein, wenn man sich die Gezeiten anschaut.

Wenn man aber gemahlene Hornspäne in homöopathischen Mengen im Wingert ausbringt, um den Boden zu dynamisieren, klingt das erst mal abgedreht."

Noch einer, der zeigt, dass sich beim Thema Wein gerade mächtig was tut, ist der Influencer, Sommelier und Gastronom Antonios Askitis, der jeden Donnerstag auf seinem Instagram-Kanal "asktoni.de" Fragen rund um Wein beantwortet. Jäck sagt über ihn: "Was er für deutschen Wein geleistet hat, ist irre." Askitis hat ebenfalls einen Stand auf der "Prowein".

Dort dröhnt Hip-Hop aus den Boxen und er sitzt auf einer Halfpipe. "Wein ist unkompliziert", ist sein Motto, und das vertritt er auch. Die Entwicklung von Wein als Trendgetränk erklärt er im Gespräch mit der RNZ so: "Es ist ein laufender Prozess, dass sich das Image von Wein dahin entwickelt, dass man ihn auch einfach zum Leberwurstbrot trinkt."

Es kämen immer mehr junge Winzer nach, die diesen ungezwungenen Stil transportieren würden, "und es sieht nicht so aus, als würde das irgendwann stoppen, was ziemlich cool ist."

Auch dass Wein auf Konzerten und Festivals mit dem Klassiker Bier gleichziehen könnte, sei vorstellbar: "Das wird bald nicht mehr wegzudenken sein, weil die Leute das einfach nachfragen."

Eine Teilnahme an der "Prowein" mache immer Spaß, denn die sei neben dem geschäftlichen Aspekt auch ein "Familientreffen".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung