24.04.2024

Anti-Mobbing-Fortbildung in Weinheim: "Die Kinder können das!"

Knapp 20 Teilnehmer aus Weinheim und Schriesheim zählte der Kurs, den die Volksbank Kurpfalz Stiftung mit 5000 Euro unterstützte. Sehr zur Freude von Voba-Vorstandssprecher Carsten Müller (vorne, links) und Bildungsamtsleiterin Carmen Harmand (vorne, 2.v.r.). Foto: Dorn
Knapp 20 Teilnehmer aus Weinheim und Schriesheim zählte der Kurs, den die Volksbank Kurpfalz Stiftung mit 5000 Euro unterstützte. Sehr zur Freude von Voba-Vorstandssprecher Carsten Müller (vorne, links) und Bildungsamtsleiterin Carmen Harmand (vorne, 2.v.r.). Foto: Dorn

Anti-Mobbing-Fortbildung traf schon zum zweiten Mal auf Interesse bei Lehrkräften und Sozialarbeitern

Von Edda Nieber

Weinheim. Schimpfworte und Beleidigungen gehören inzwischen zum Schulalltag wie die Kreide zur Tafel. Aber auch Körperverletzung und Diebstähle an Schulen sind keine Einzelfälle. Insbesondere die Coronapandemie verschärfte die Lage und verstärkte das Mobbing im Klassenverband. Einfache Umgangsformen und die Frage, wie man Konflikte löst, kamen in den letzten Jahren häufig zu kurz.

Wie Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter damit umgehen können und wie sie das Thema kindgerecht verpacken, darüber klärte Carsten Brodt von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe (AGJ), Fachbereich für Prävention und Rehabilitation Freiburg, in einer zehntägigen Fortbildung auf. Es war bereits die zweite dieser Art unter dem Motto "Sozialtraining und Mobbing-Intervention" in Weinheim, da sie von schulischer Seite sehr gut angenommen wurde. Knapp 20 Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer trafen sich in den vergangenen Wochen regelmäßig, um Themen wie Gewaltfreiheit und Konfliktmanagement zu besprechen, Methoden zu lernen und deren Durchführung vor- und nachzubereiten.

Finanziell unterstützt wurde das Projekt mit 5000 Euro von der Volksbank Kurpfalz Stiftung. Man wolle das Engagement der Lehrkräfte fördern, so Carsten Müller, Sprecher des Vorstandes der Volksbank Kurpfalz. Er zeigte sich sichtlich erfreut darüber, dass die Teilnehmer sich mit derartig wichtigen und aktuellen Themen auseinandersetzten. Darunter waren Lehrerinnen und Lehrer der weiterführenden Schulen und Grundschulen aus Weinheim, aber auch Schriesheim.

Das Kursangebot richte sich an alle Schularten und Altersgruppen. Schon Grundschüler sollten verstehen, was Mobbing ist und was man dagegen tun kann. Besonders wichtig sei es, den Kindern zu verstehen zu geben, dass jede und jeder in der Klasse betroffen ist – auch die, die "nur" zuschauen, wenn jemand geärgert wird, erklärte Brodt. Sie sollten lernen, einzugreifen und sich von den Mobbinghandlungen abzugrenzen. In mehreren Modulen erklärte er den Kursteilnehmern, wie eine Mobbingintervention aussehen kann.

Nachdem er gemeinsam mit den Lehrkräften und Sozialarbeitern eine Klasse besucht und eine Intervention vorgenommen hatte, waren die Teilnehmer selbst an der Reihe. Im Tandem unterrichteten sie ihre Klassen und klärten sie über ihr Verhalten auf. "Wie reagierst Du, damit es dem anderen auch gut geht? Was stört Dich an Deinen Mitschülern? Wie willst Du, dass andere mit dir umgehen?": Das waren nur einige der Fragen, die es zu beantworten gab. Manche Teams filmten sich bei ihren Präventionsstunden und bekamen dann Rückmeldungen von Brodt und den anderen Teilnehmern. In dieser "Videosupervision" konnte geschaut werden, was sie beim nächsten Mal ändern können.

"Schule ist nicht immer lustig!", erklärte Brodt, Konflikte seien zum Teil programmiert. Anhand des Grundgesetzes und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte versuche man nun, Kindern ein respektvolles und friedliches Miteinander näherzubringen, in dem man sich gleich viel wohler fühlt. "Die Kinder können das!", waren sich alle einig. Eine Lehrerin der Friedrich-Grundschule, die die Fortbildung von Kollegen empfohlen bekam, wunderte sich zunächst über Plakate mit den Grundgesetzen im Klassenzimmer. Das sei nicht altersgemäß, dachte sie. Doch genau darum gehe es, erklärte Brodt. Die Regeln der Kinder werden von den Artikeln im Grundgesetz abgeleitet und so umformuliert, dass jeder sie verinnerlicht.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar", verstünden die wenigsten Kinder. Mache man daraus jedoch: "Dein Herz und Deine Seele, Dein Körper und Dein Eigentum sind unantastbar", sei vielen schnell bewusst, dass Beleidigungen, Körperverletzung und Diebstahl Menschenrechtsverletzungen sind. Die von den Schülern umformulierten Gesetze wurden als Klassenregeln aufgehängt und von allen unterschrieben. So könne man sich wieder und wieder vor Augen führen, woran es sich zu halten gilt.

Man arbeite auf die Bereitschaft der Klassenleitung hin, das Konzept auch an schwierigere Klassen heranzuführen und umzusetzen. Zwar seien es die Tandems, die die Klassen besuchen und die Inhalte der Fortbildung an zwei Tagen so vermitteln, dass es in den Köpfen bleibt. Dennoch sei es enorm wichtig, den Staffelstab an die Klassenleitung weiterzugeben. "Bei ungenügender Nachsorge gibt es meist noch größere Probleme als davor", betonte Brodt, dass die Arbeit der Kursteilnehmer alleine nicht ausreiche, wenn die restlichen Lehrkräfte nicht daran anknüpfen.

Über die Möglichkeit, Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter auf diese Weise zu schulen, freut sich auch Bildungsamtsleiterin Carmen Harmand. Es sei nicht selbstverständlich, dass Lehrkräfte so mit ihrem Job umgingen, aber es zeige, dass die Bereitschaft und das Interesse da sind. Die meisten Lehrer haben schließlich auch eine Beziehung zu ihrer Klasse, betonte eine Lehrerin. Man interessiere sich für die Kinder und deren Wohlergehen. Und gerade weil Mobbing oftmals an der Tagesordnung ist, wolle man zeigen, dass einem die Kinder nicht egal sind.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung